Ist noch Leben in ihm?

 

 

 

Nackt steht er da.. Noch immer ausgesetzt den Elementen, die ihn formten.
Ein paar Äste hat der letzte Eisbruch Ende Dezember gefordert. Seine schützende Haut, sie ist im Laufe der Zeit abgegangen. Er hat sich geschält, schält sich immer noch, die Rinde liegt am Boden, Feuchtigkeit steigt auf, lässt sie vermodern. Vernarbungen sind zu sehen, Spuren des Lebens. Ein Netz wird sichtbar . Der Baum gab einem Käfer Unterschlupf. Dieser nahm sich, was er brauchte, um Eier zu legen, die Maden fraßen sich satt und bauten dabei kunstvolle Gänge, scheinbar ohne Ausgang.
So bunt ist er unter seiner Borke, hat Verfärbungen, wie nach einem Sonnenbrand. Es erinnert mich an die Gesichter von alten Menschen. Ihre Vergangenheit zeigt sich darin.
Behutsam berühre ich ihn, ziehe die Furchen der Falten mit meinen Fingern nach, spüre seine Vernarbungen. Wer hat ihn hier verletzt? Ein Einschnitt, eine Zäsur, tief hat sie sich eingegraben. Ich fühle aber auch die glatten Stellen. All diese sichtbaren  Merkmale erzählen mir ihre Geschichten.

 


 

Es ist eine Esche.

Eine Freundin sagte mir, letzten Sommer trugen noch einige Äste ihr Laubkleid. Wird sie im Frühling die Kraft haben, trotz ihrer Blöße, der scheinbaren Schutzlosigkeit, der großen Angriffsfläche den Lebenssaft bis in die kleinsten Verästelungen zu transportieren, dass er einen neuen Jahreszyklus starten kann?

 

Esche in der Nähe der Zigeunerhöhle in Weiden am See/ Bgld.

31. Dezember 2012

Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Wallner-F. (Dienstag, 10 März 2015 12:32)

    DIE MUSIK IN UNS - IN MIR hat mir sehr gefallen. Das heißt nicht, dass mir sonst nichts gefiel, im ersten Augenschein sogar sehr viel. Liebe Grüße Wolfgang